02.05.2021
Fotografie

Tierfotografie: Was es bedeutet, die kleinen Wilden zu fotografieren

Auf jeden Fall eins: Muskelkater!

Darf ich vorstellen? Trudi. Igel.

Stacheliger Charme zum Dahinschmelzen und eine fotografische Herausforderung ...

Diese Themen findest Du in diesem Blogartikel

Muskelkater ist Programm

Tiere sind oft in Bewegung. Dabei ist es erst mal egal, ob sie groß oder klein sind. Tatsache ist - sie bringen auch uns in Bewegung. Nicht nur vor und zurück, nach rechts und links. Vor allem auch rauf und runter.

Rauf und runter im Normalmaß ist ja noch machbar. Vom Duscheflitschen bin ich da prima trainiert. Je nach Uhrzeit mit (in der Früh) oder ohne Ohnmacht (später) in Folge.

Jaaaaa - ich bin eine Duscheflitscherin. Weil unser Wasser hier das schlimmste ist, das aus einem Wasserhahn fließen kann. Es wundert mich, dass es nicht rausbröckelt bei so viel Kalk und Ocker oder Eisen oder was auch immer ... 

Zurück zum Thema.

Da ein Moment nicht warten kann, musst Du mindestens genauso schnell sein wie er. Am besten schneller ;-). Das fordert Deine volle Aufmerksamkeit zu jeder Zeit, Geschwindigkeit und darum eine ordentliche Portion Schnellkraft. Und zwar für die volle Bewegungslänge Deiner Gesamtgröße. Von Bauchlage in eine 1A-Steillage und zurück in Bauchlage. Du hast dafür genau so viel Zeit: 1 Millisekunde. Ich glaube, das ist olympiaverdächtig. 

Trudi. Die Igelin.

Vor ein paar Jahren habe ich im Mai das Igelfrollein Trudi fotografiert. Trudi wurde im Herbst als Babyigel gefunden und in einem kleinen Stall unter Anleitung einer Berliner Igelstation überwintert und aufgepeppelt. 

Über 700 Gramm unwiderstehlicher Charme wollten dann wieder hinaus in die Igelwelt. Die Trennung fiel schwer. Hach, diese Knopfaugen. Ein Stachelpaket zum Dahinschmelzen.

Für mich war das eine einmalige Chance, so nah an einen Igel heranzukommen, ohne Flohalarm. Denn Igel tragen nicht nur hübsche Stacheln. Darin wohnen oft viele Andere.

Außerdem war Trudi an Menschen gewöhnt und hatte nach einem kurzen Einroller keine Angst.

Stachelburg. Sicher ... ist sicher.

Trudi war mein erster und bisher einziger Igel.

Schnell war klar - sie hörte weder auf SITZ, PLATZ, geschweige denn auf WARTE.

Da ich ja den MOMENT so liebe, war ich also in meinem ELEMENT.

Wenn Du meinen Beitrag Anderer Blickwinkel. Schönere Bilder. So geht´s. gelesen hast, dann ahnst Du vielleicht schon, was das in so einem Fall bedeutet.

Mit einem Igel auf Augenhöhe heißt, an der Grasnarbe zu schnuppern.

Also runter in Bauchlage ... Trudi im (kontinuierlichen Auto)Fokus. Praktischer wäre in dieser Situation eine Kamera mit ausklappbarem Display. Aber was nicht ist ... Also ... runter ...

Trudi im Anmarsch.

Aber Du glaubst nicht, wie flott und wendig ein Igel ist. 

Trudi drehte sich in Schallgeschwindigkeit um, zog pfeilschnell in die entgegensetzte Richtung, und ich glaube - sie raunte mir ein leises BIN DANN MAL WEG zu. 

... und ZACK - Trudi im Abmarsch. Ich versuche den Fokus auf den Augen zu halten.

Das brachte mich so was von in Bewegung. Und in olympischer Geschwindigkeit hoch auf volle Körperlänge.

Bei mir bedeutet das etwas über 160 cm. Geht ja noch, denkst Du sicher, wenn Du 180 cm und mehr misst. Aber die Kamera samt 70 - 200 mm Objektiv muss ja aus der bäuchlings flachen Ellenbogengrundhaltung auch mit hoch. Möglichst ohne Kontakt zwischen Kamera und Boden.

Also Bauchlage, aufstehen, Position wechseln, und ZACK, schnell wieder runter zurück in Bauchlage. 

Ich kann Dir sagen ... es ging nur noch rauf und runter und rauf und runter ...

Tatsächlich weiß ich nicht mehr, wie oft ich das gemacht habe. Meine Beine schon. Und der Puls? Stieß meine Haare schließlich unrhythmisch in alle Richtungen. Finale Gesichtsfarbe: rot. Jede Tomate war blasser.

Drei Tage lang konnte ich kaum mehr laufen. OK. Ein Hauch übertrieben. Aber Trepp-runter  ... huijuijui. Denn Trudi war das völlig schnuppe, was ich wollte. War sie Fotomodel, oder was? Musste sie auch nicht. Denn ich habe mich nach dem Tier zu richten. Immer!

Aber - es hat sich gelohnt. 

Ja? oder Ja?

Wie kann ein Igel nur so zauberhaft sein? Zum Knuddeln, oder?

Knuddeln mit Handschuhen ... geht.

Heute, ein paar Jahre später, stelle ich fest - meine Schnellkraft hat etwas gelitten. Waren halt keine Igel mehr da und 2020 on top ein absolutes Ausnahmejahr. 

Das bedeutet für unsere aktuelle Badrenovierung: Eine Dusche bitte weiterhin zum Flitschen. Weil Duscheflitschen ein hervorragendes Training für die Tierfotografie ist. Und welches Training ist besser als das regelmäßige? Eben.

On top mache ich außerdem seit Januar 3 mal pro Woche - Achtung - HochIntensivWorkouts (HIT). Direkt nach dem Aufstehen per Youtube. Eine Sequenz, die mir mein Sohn rausgesucht hat. Fakt ist - ich bin eindeutig nicht Zielgruppe dieses jungen Österreichers (ziehen wir mal locker 25 Jahre ab), der da prall gestählt und natürlich top in shape ist.

Aber ... ich mach es trotzdem. Weil es richtig was bringt. Diese fürchterliche Musik stell ich einfach auf fast stumm. Und turn mich also stramm dadurch. Hoffentlich auch zum strammen Ergebnis. Was manchmal einige Diskussionen mit meinem Schweinehund erfordert. So ... kurz nach der Wecker-Ohnmacht - bis wieder kurz vor die Workout-Ohnmacht. Inzwischen klappt es ganz gut. Und Flitschen - immerhin schon wieder ohne Ohmacht.

Solltest Du also einmal einen Stachelfreund über den Winter bringen und Dir dann Fotos wünschen - ich bin vorbereitet. ♥︎

PS: Solltest Du die kleinen Wilden selbst fotografieren wollen, empfehle ich Dir vier Dinge:
♥︎ Blende etwas zumachen (ab f3,5)
♥︎ bei Bewegung eine kurze Verschlusszeit wählen (1/1.250 Sek. oder kürzer) und
♥︎ ISO den Lichtverhältnissen anpassen oder die ISO-Automatik wählen
♥︎ viiiiel Geduld

PPS: Trudi verzaubert eine Seite meines Büchleins. Wenn Du es Dir anschauen möchtest, in Kürze (!) hier entlang ... Das heißt, der Link zum Buch folgt, sobald fedddisch ;-) 

Trudi. Auf dem Weg zurück in die weite Igelwelt. Es war mir eine stachelige Freude.
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